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Valentin Vogt über «Persönliche Governance» und seine Alma Mater

Hsg Stiftung 0237
Charlotte Strohm
04. August 2025
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Valentin Vogt, HSG-Alumnus, ehemaliger Arbeitgeberpäsident der Schweiz und Unternehmer wartet bereits im Café im Hauptgebäude seiner Alma Mater. Er ist energiegeladen und erzählt begeistert, dass er eben von einer Veranstaltung zum Thema KI kommt. Obwohl nicht mehr hauptberuflich tätig, ist seine Woche gut gefüllt. Nur noch 40 statt 70 Stunden – das gibt ihm Zeit, seinen Interessen nachzugehen, den Sport nicht vor dem Sonnenaufgang einschieben zu müssen und auch mal ganz in Ruhe eine Zeitung zu lesen. Im Zuge der «persönlichen Governance» ist für ihn die Nachlassplanung ein logischer Schritt. Auch die Universität St.Gallen wird in seinem Testament mit einem Legat berücksichtigt. Dieser Entscheid ist von unschätzbarem Wert für die künftigen Studierenden der HSG. Ganz herzlichen Dank.

 



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Die HSG hat mir eine Basis gegeben für das, was ich während meiner beruflichen Tätigkeit machen konnte – also gebe ich ihr etwas zurück.

Valentin Vogt

Valentin, Du hast dein Studium an der HSG 1984 abgeschlossen, korrekt? 
Ja, ich habe 1984 abgeschlossen.

 

Das ist mittlerweile mehr als 40 Jahre her. Wenn du an deinen ersten Tag an der HSG zurückdenkst, was hat dich besonders beeindruckt an diesem Ort, an dieser Universität?
Es war die Internationalität und auch die Masse der Studierenden. Ich meine, im ersten Semester waren wir 300 bis 400 Studierende. Meine Matura habe ich an der Kantonsschule Wattwil gemacht. Das war auf dem Land, und dann kommt man hierher. Die Grösse hat mich wirklich beeindruckt.

Rapperswil-Jona, wo ich herkomme, ist ein kantonslokaler Teil, der gegen Zürich orientiert ist, was ich gut kannte. Ich überlegte, eine Zeit lang an der ETH Bauingenieur zu studieren, entschied mich aber dann für die HSG.

 

HSG statt ETH – was hat zur Entscheidung geführt, dass du hierher gekommen bist, um zu studieren?
Ich habe eine technische Matura absolviert und da wäre das Studium an der ETH eigentlich nahegelegen. Bei meiner Recherche zur Studienfachwahl habe ich dann aber festgestellt, dass die Entwicklungsmöglichkeiten von Bauingenieuren ziemlich beschränkt sind. Und, ((lacht)) sagen wir mal, sich finanziell zu entwickeln ist als Bauingenieur eher schwierig. Gerade die Bauingenieure tragen sehr viel Verantwortung sind aber unterdurchschnittlich bezahlt.

Mit meinem Flair für Zahlen habe ich mich dann für Finanz- und Rechnungswesen entschieden. Ich bin mehr ein Zahlen- als ein Kreativmensch.


Gibt es etwas Bestimmtes, dass du vom Studium mitnehmen konntest? Eine Fähigkeit, die dich durch dein gesamtes berufliches Leben begleitet hat, auf die du immer zurückgreifen konntest?
Es war der Wettbewerb an der HSG selbst. Sekundar- und Kantonsschule gingen mir leicht von der Hand. In St.Gallen war es dagegen doch sehr anspruchsvoll und auch anstrengend. Da musste ich speziell in den Prüfungsvorbereitungen Gas geben. Für mich ist die Ausbildung an der HSG ein wichtiger Mosaikstein in meiner beruflichen Entwicklung. Weitere Mosaiksteine sind die Grundausbildung, die Familie, die beruflichen Stationen und das Militär. Ich habe mehr als 1'000 Diensttage im Militär absolviert. Es ist ein Gesamtmosaik, das einen formt.

 

Was ist die HSG heute für dich? Was bedeutet sie für dich?
Die HSG war mein Nährboden und hat mir die Grundlage für das, was ich in meinem beruflichen Leben machen konnte, gegeben. Heute ist es ein Ort, an den ich immer wieder gerne zurückkomme.

 

Was war es, das für dich den Ausschlag gab, die Universität St.Gallen in deinem Testament zu berücksichtigen?
Ich habe während meines Berufslebens immer verschiedene Dinge unterstützt, die mir wichtig sind. Unter anderem die HSG. Ich habe das entlang meiner finanziellen Möglichkeiten gemacht, die später etwas grösser waren als am Anfang meiner Karriere. Und ich finde, wenn man etwas bekommen hat, sollte man auch etwas zurückgeben.

 

Gab es bestimmte Erlebnisse oder Begegnungen, die dich in der Entscheidung bestärkten, die HSG in deinem Testament als Begünstigte einzutragen?
Es ist kein Geheimnis, dass in meinem Testament weitere Institutionen berücksichtigt werden, die mir geholfen haben, dahin zu kommen, wo ich heute bin. Ich bin der Ansicht, die HSG macht einen guten Job. Die öffentlichen finanziellen Mittel werden in Zukunft knapper. Es gibt aus meiner Sicht zwei Wege, um das Bildungsniveau zu halten: einerseits die Bildungseffizienz und andererseits mehr Mittel aus dem privaten Sektor.

 

Ich bin der Ansicht, dass Bildung in der Schweiz einer der Schlüsselfaktoren zum Erfolg ist. Auf der einen Seite verfügen wir in der Schweiz über ein ausgezeichnetes Berufsbildungssystem, mit dem 70% der Jugendlichen ihre berufliche Karriere beginnen. Zusätzlich haben wir eine grossartige akademische Ausbildung, mit technischen Universitäten wie der ETH und Wirtschaftsuniversitäten wie der HSG. Ich vertrete die Meinung, dass man nicht versuchen sollte, die beiden Systeme zu vermischen. Aus Praktikern sollte man keine Theoretiker machen und aus den Theoretikern keine Praktiker.

 

Du unterstützt auch Jugendliche, die nicht den universitären Weg wählen als Vereinspräsident von «Check your Chance».
Ja, das ist die andere Seite der Gauss'schen Kurve. Wir sind privilegiert und hatten die Chance, hier studieren zu können. Auf der anderen Seite gibt es Jugendliche, die dieses Glück nicht haben. Dabei braucht es oft nicht viel. «Check your Chance» ist die national bedeutendste Dachorganisation im Bereich der Prävention von Jugendarbeitslosigkeit und bei der Integration von arbeitslosen Jugendlichen. Der Dachverein umfasst neun operative Mitglieder, die pro Jahr etwa 15'000 Jugendliche betreuen. Dabei haben wir eine Erfolgsquote von über 80% – mit knapp 3'500 Franken, die wir pro Jugendlichen aufwenden.

 

Die Erfolgsquote ist beeindruckend. Was motiviert dich zu diesem Engagement? 
Es ist die Überzeugung, dass Arbeit mehr ist als nur Geld verdienen. Arbeit sind soziale Kontakte und Arbeit gibt auch Tagesstrukturen. In unserer Welt wird die Arbeit vielfach nur aufs Geld reduziert. Wie langweilig wäre doch ein Leben ohne Arbeit.

 

Was ist Arbeit für dich persönlich? Du bist theoretisch in Pension, hast aber immer noch sehr viele Mandate. 
Mir ist es gelungen, von einer übervollen Woche mit 70 Arbeitsstunden in den letzten zwei Jahren mein Pensum auf 40 Stunden pro Woche zu reduzieren. Ich war immer der Ansicht, dass man selbst bestimmen sollte, wann man geht. Denn der Letzte, der merkt, dass er nicht mehr gebraucht wird, ist man selbst. Alle anderen im Umfeld haben das meist schon lange erkannt. Deshalb habe ich meine Aufgaben bewusst abgegeben. Man sollte sich auch da selbst nicht zu wichtig nehmen.

 

Alle Mandate, die ich noch habe, werde ich mit spätestens 70 abgeben. Die Halbwertszeit des Wissens ist kürzer als man selbst denkt. Nun habe ich die Zeit, meinen Interessen nachzugehen und Veranstaltungen zu besuchen, die früher einfach nicht in meine Agenda gepasst haben.

 

Ich hatte hunderte öffentliche Auftritte in meiner Zeit als Arbeitgeberpräsident. Fernsehinterviews, Zeitungsanfragen und Referate und musste vor allem immer abliefern. Heute kann ich bei Veranstaltungen auch einfach dabei sein und zuhören. Und mich auch mal «französisch verabschieden», wenn es doch nicht ganz so spannend ist. ((lacht)). 


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Was machst du mit der weiteren Zeit, die du jetzt für dich zur Verfügung hast?
Ich mache jeden Tag eine Stunde Sport. Bewegung macht mir Freude: Rudern, Skitouren und joggen. Und: das kann ich jetzt zu einer christlichen Zeit machen und nicht mehr um halb fünf am Morgen. Im Alter braucht man zudem mehr Erholung. Das merke ich auch. Ich kann nicht mehr mit wenigen Stunden Schlaf durch die Woche kommen.

 

Du warst heute Morgen an einer Veranstaltung zum Thema künstliche Intelligenz. Nutzt du persönlich KI? 
Ich nutze KI direkt und indirekt jeden Tag und finde diese Technologie extrem spannend. KI ist wirklich ein Game-Changer, so wie es die Erfindung des Smartphones, des Computers oder des Roboters war. Ich glaube nicht, dass KI ein Hype oder eine Blase ist, sondern dass sie ein Teil unseres Alltags werden wird. Viele Leute haben Angst und das Gefühl, KI nehme ihnen den Job weg. Das hat man schon gesagt, als Computer auf den Markt kamen und das Smartphone populär wurde. Es wurde befürchtet, dass viele Arbeitsplätze verloren gehen würden, aber das Gegenteil war der Fall. Es wurden immer mehr Arbeitsplätze geschaffen.

 

Du bist vielfältig philanthropisch engagiert vor allem in der Schweizer Bildungslandschaft. Was sind die Grundwerte und Überzeugungen, die dich leiten?
Das Wichtigste ist, man kann nicht einfach darüber reden, man muss es selbst machen und als Vorbild vorausgehen. Ich denke, es ist die Aufgabe von jedem in irgendeiner Hinsicht mehr zu hinterlassen, als man angetroffen hat. Das muss nicht nur finanziell, sondern kann auch inhaltlich sein. Das müsste der Ansporn sein für das, was man macht. 
Unsere (Aus-)Bildung ist ein Alleinstellungsmerkmal der Schweiz. Wir haben kein Rohöl. Wir haben kein Gold im Boden. Zwei Drittel unserer Landfläche – das sind Berge, Wälder und Seen. Unser Rohstoff ist das Wissen und die Bildung. Und zwar auf allen Stufen.

 

Gibt es Bereiche an der HSG, die dir besonders am Herzen liegen?
Parallel zum Studium war ich – und bin es immer noch – Mitglied einer Studentenverbindung, der A.V. Amicitia San Gallensis, die mein Leben mitgeprägt hat. Zudem liegt mir das Sportangebot an der HSG am Herzen. Ich bin überzeugt, dass Studenten neben dem Studium, das ja heute nicht einfacher geworden ist, Sport treiben sollten. Zudem braucht es für ein erfolgreiches Studieren eine gute Lernumgebung, wie zum Beispiel Square. Ich möchte dazu beitragen, gute Rahmenbedingungen für die Studierenden zu schaffen. In diese Richtung zielt auch mein Legat.

 

Wie siehst du die Rolle der Universitäten in der heutigen Gesellschaft?
Ich glaube, die Universitäten leisten einen wichtigen Beitrag zur Ausbildung und zur Forschung. Für beide Bereiche gibt es Leuchttürme in der Schweiz. Die HSG ist einer dieser Leuchttürme und ich finde, das gilt es zu unterstützen.

Für mich gilt das bekannte Sprichwort: Das letzte Hemd hat keine Taschen. Ich finde, man sollte etwas zurückgeben.

Valentin Vogt

Was bedeutet es für dich, über dein eigenes Leben hinaus etwas bewirken zu können?
Das ist ein grosses Privileg. Ein eigenbestimmtes Leben, inhaltlich wie auch materiell, ist etwas vom Besten, was man haben kann.

 

Wann war denn bei dir der Zeitpunkt, wo du dich damit beschäftigt hast und wo du gesagt hast, ich mache jetzt ein Testament und überlege mir, was ich hinterlassen möchte?
Viele Leute haben das Gefühl, die letztwillige Verfügung müsse man erst mit 75 oder 80 machen. Ich bin der Ansicht, dass man sie relativ früh machen sollte. Es ist ein Dokument, in dem festgehalten wird, was passieren soll, wenn man morgen nicht mehr da wäre. Genau wie der Vorsorgeauftrag oder die Patientenverfügung. Das ist das Dreieck der persönlichen Governance.

 

Die persönlichen Verhältnisse können sich durchaus verändern. Die letztwillige Verfügung kann auch im Alter an neue Gegebenheiten angepasst werden.

 

Welche Gedanken würdest du Personen mitgeben, die sich auch über ein Testament für die HSG oder eine andere Organisation engagieren möchten?
Ich kann sie nur ermutigen. Für mich gilt das bekannte Sprichwort: Das letzte Hemd hat keine Taschen. Ich finde, man sollte etwas zurückgeben. Schwerpunkte setzen, sich überlegen, sich informieren, sich beraten lassen und das dann auch schriftlich festhalten. Nicht vor sich herschieben, ich mache es dann irgendwann einmal, sondern es einfach jetzt tun.

 

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04. August 2025

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