Welche Fähigkeiten benötigen «Responsible Leader» heute? Antworten von zwei Spitzenführungskräften
Was braucht es heute, um in einer zunehmend volatilen Welt erfolgreich voranzugehen? Und wie können wir Talente so fördern, dass sie den zukünftigen Herausforderungen der Wirtschaft gewachsen sind und sich zu herausragenden Führungskräften entwickeln?
Mit dem «HSG Best Talents Programme» hat die Universität St.Gallen (HSG) ein Exzellenzprogramm für herausragende Masterstudierende lanciert, das sich dieser Aufgabe stellt: die besten Talente ganzheitlich zu fördern und zu fordern, um die nächste Generation verantwortungsvoller Leader zu entwickeln. Möglich wird das derzeit im Aufbau befindliche Stipendienprogramm dank grosszügiger privater Unterstützung. Clara C. Streit und Dr. Rudi Bindella, beide erfahrene Führungskräfte auf höchstem Niveau, teilen, was «Responsible Leadership» für sie bedeutet, welche Fähigkeiten Führungspersonen heute und in Zukunft brauchen und warum das Best Talents Programme wichtig für die HSG ist.
Was zeichnet für Sie «Responsible Leadership» aus und welche Fähigkeiten benötigen Führungspersönlichkeiten, um heute und morgen erfolgreich zu sein?
Clara Streit: In Unternehmen ist «Responsible Leadership» heute wichtiger denn je. Wir bewegen uns in einem Umfeld, das von hoher Komplexität, Regulierung und gesellschaftlicher Erwartung geprägt ist. Verantwortung zu übernehmen, bedeutet hier, Vertrauen aufzubauen – bei Kundinnen und Kunden, Mitarbeitenden, Investoren und der Öffentlichkeit. Führung heisst, Stabilität mit Innovationsfreude zu verbinden: digitale Transformation voranzutreiben, ohne den Sinn für Risiko und Nachhaltigkeit zu verlieren. Entscheidend ist die Fähigkeit, zuzuhören, zu lernen und auch in unsicheren Zeiten Orientierung zu geben. Finanzdienstleister spielen eine zentrale Rolle in der Realwirtschaft. Wer hier führt, trägt dazu bei, Kapital in gesellschaftlich und ökologisch sinnvolle Bahnen zu lenken. Das ist für mich verantwortungsvolle Führung im besten Sinne.
Rudi Bindella: Mehrere Eigenschaften fallen ins Gewicht: Zwei kleine f’s – alles freudig und freiwillig angehen. Menschenfreundlichkeit. Eine vorgelebte Wertehaltung geprägt durch Respekt, Wertschätzung, Vertrauen, Demut, Hilfsbereitschaft, Dankbarkeit. Nähe zu den Mitarbeitenden, Kundinnen und Kunden und zum Markt. Integrität. Eine klare Vision. Eine fundierte Ausbildung, Fachkompetenz und Erfahrung. Beharrlichkeit, Durchsetzungsvermögen und Fleiss. Begeisterungsfähigkeit – und Lebensfreude.
Was oder wer hat Sie und Ihren Werdegang massgeblich geprägt, wofür Sie heute noch dankbar sind?
Clara Streit: Ich hatte das grosse Glück, früh Menschen zu begegnen, die an mich geglaubt haben: Professoren, Mentoren, Kollegen. Sie haben mir Mut gemacht, meinen eigenen Weg zu gehen. Besonders prägend war für mich die HSG-Zeit selbst: das inspirierende Umfeld, die Vielfalt der Perspektiven und die Bereitschaft, früh Initiative zu zeigen; zum Beispiel als Mitglied im ISC-Team. Diese Haltung begleitet mich bis heute – ob im Beruf, im Ehrenamt oder im Privaten.
Rudi Bindella: Prägend und wegweisend waren für mich die sehr strengen Ausbildungen am Collège St.Michel, der kantonalen Mittelschule in Freiburg und an der HSG. Massgeblich geprägt hat mich mein Vater als vorbildlicher Mensch und Unternehmer.
Sie haben sich für die Förderung von herausragenden Studierenden und die «HSG Best Talents» engagiert. Herzlichen Dank! Warum ist es Ihrer Meinung nach wichtig, dass die HSG solche Ausnahme-Talente fördert?
Clara Streit: Ich bin überzeugt, dass exzellente Bildung und gezielte Talentförderung entscheidend sind, um unsere Gesellschaft nachhaltig positiv zu gestalten. Die HSG Best Talents sind junge Menschen, die nicht nur durch Leistung, sondern auch durch Haltung auffallen – sie wollen Verantwortung übernehmen, über Grenzen hinausdenken. Solche Persönlichkeiten zu fördern heisst, in die Zukunft zu investieren. Die HSG hat mir selbst Türen geöffnet, mich inspiriert und gefordert. Es ist mir daher ein Anliegen, etwas zurückzugeben und den nächsten Generationen Chancen zu ermöglichen, ihre Potenziale zu entfalten.
Rudi Bindella: Die HSG ist im deutschsprachigen Raum die führende Ausbildungsstätte für Wirtschaftswissenschaften. Sie ist mit den Unternehmungen hervorragend vernetzt und damit der Wirtschaft sehr nahe. In der Hochschullandschaft erfüllt sie eine elitäre Rolle. Deshalb ist es folgerichtig, dass die HSG diesen Ansatz auch bei der Förderung der Talente verfolgt und jene Studierenden unterstützt, die sich durch herausragende Leistungen auszeichnen.
Abschliessend, Hand aufs Herz: Hätten Sie das Zeug gehabt, ein HSG Best Talent zu werden?
Clara Streit: (lacht) Vielleicht ja. Zumindest hätte ich mich sehr bemüht! Ich war immer zielstrebig und neugierig und wollte Dinge bewegen. Gute Noten allein waren nie mein Antrieb, aber Engagement, Verantwortung und der Wunsch, etwas Sinnvolles zu bewirken, haben mich immer getragen. Insofern: Ich hätte vielleicht gut ins Profil gepasst – nicht perfekt, aber mit Herz, Haltung und Tatkraft.
Rudi Bindella: Ich habe das Studium sehr ernst genommen und betrachtete es als Privileg, studieren zu dürfen. Ob ich ins Best Talents Programme aufgenommen worden wäre, weiss ich nicht. Ich hätte es bestimmt versucht…
Herzlichen Dank an Sie beide für Ihre Zeit, Ihre Gedanken zu diesem Thema und Ihre Verbundenheit zur HSG!